Die Großbrauereien schreiben Rekordumsätze, die Hersteller von TV-Geräten jubilieren und die Innenstädte verwandeln sich bald in gewaltige Stadiontribünen. Kurz und gut, es steht wieder einmal eine Fußball-Europameisterschaft (offizielle Webseite) vor der Tür. Nachdem Stillstand bekanntlich ja bereits einen Rückschritt bedeuten kann, warten bei dieser Auflage des Kräftemessens der besten europäischen Fußball-Nationen einige Neuerungen auf Fans und Event-Lustige.
Erstmals 24 Teilnehmer bei einer Europameisterschaft
Zum ersten Mal dürfen an einer Europameisterschaft 24 Teams teilnehmen, was bedeutet, dass nach der Vorrunde, die in sechs Vierergruppen ausgespielt wird, noch ein Achtelfinale eingeschoben werden muss. Um dieses Sechzehnerfeld zu komplettieren steigen nun die vier besten Gruppendritten in die K.O.-Phase auf.
Auch die Qualifikation zur Endrunde änderte sich aufgrund der gestiegenen Teilnehmerzahl. Waren es zu Zeiten als diese nur 16 umfasste noch die jeweils ersten jeder Qualifikationsgruppe, die sich direkt qualifizierten und die Gruppenzweiten mussten die übrigen Teilnehmer untereinander ausspielen, so durften diesmal die Zweitplatzierten sofort die Koffer packen und die Gruppendritten sich um die restlichen vier Plätze duellieren. Der beste unter ihnen erhielt sogar ebenfalls eine fixe Startposition.
Die Veränderung war seit der Anfangszeigt dauerhafter Begleiter dieses spannenden Wettbewerbs, der seit 1960 alle vier Jahre ausgetragen wird. Gleich geblieben ist eigentlich nur, dass jeweils elf Spieler am Platz stehen und um einen Ball kämpfen. Doch nicht einmal das Spielgerät blieb unverändert. So wird nun statt mit einem runden Leder mit einer Kunststoffblase gekickt.
Nur vier Mannschaften bei der ersten Auflage einer EM-Endrunde
Bei der ersten Auflage im Jahre 1960 waren es nur vier Nationalmannschaften die die Endrunde bestritten haben. Nachdem die vorherigen Qualifikationsduelle in Hin- und Rückspiel entschieden wurden, konnten sich schlussendlich Frankreich, Jugoslawien, die Sowjetunion und die Tschechoslowakei durchsetzen und durften zum Entscheidungsturnier anreisen, das damals ebenfalls in Frankreich stattfand.
Bis zum Titel waren es dabei nur zwei Spiele. Frankreich und Jugoslawien bzw. die Tschechoslowakei und die Sowjetunion bestritten jeweils die Halbfinalpartien, in denen sich die Sowjets und die Jugoslawen durchsetzten. Im Finale krönte sich dann die Sowjetunion am 10. Juli 1960 in Paris zum ersten gesamteuropäischen Champion der Nationalteams.
In derselben Stadt wird exakt 66 Jahre später der nun bereits 15. Europameister gekürt und anstatt der 17 Länder der ersten Stunde bewarben sich diesmal 53 um einen Platz in der Endrunde.
Nachdem seit einigen Jahren der Titelverteidiger, in diesem Fall Spanien, nicht mehr automatisch antreten kann, war es diesmal nur die Gastgebernation, die sicher für den Wettbewerb planen durfte.
Nach 268 Spielen in der Qualifikation standen die EM Teilnehmer fest
Zwischen dem 7. September 2014 und dem 17. November 2015 fanden insgesamt 268 Matches statt, bis die übrigen 23 Starter feststanden.
Dabei waren einige höher eingeschätzte Mannschaften bereits in der Ausscheidung gescheitert. So erging es etwa dem WM-Dritten aus den Niederlanden, den Dänen oder den Serben.
Andererseits kristallisierten sich einige Teams heraus, mit denen ab dem 10. Juni auf jeden Fall zu rechnen sein sollte, da sie hervorragende Leistungen geliefert hatten. Zu ihnen zählen etwa England, mit zehn Siegen in ebenso vielen Spielen, Spanien, das zu alter Stärke zurückgefunden und seine Gruppe souverän gewonnen hat, sowie Belgien.
Das Team der Flamen und Wallonen zählte aufgrund seiner hervorragenden Einzelakteure wie Eden Hazard, Kevin de Bruyne, Romelu Lukaku oder Vincent Kompany, um nur ein paar von ihnen zu nennen, schon vor dem Start der Ausscheidungsspiele zum Kreis der Anwärter auf den Titel. Im Laufe der Qualifikation konnten die Mannen von Trainer Marc Wilmots, früher als kampfstarker Mittelfeld-Akteur für den FC Schalke 04 bekannt, ihre Favoritenstellung eindrucksvoll bestätigen. In zehn Duellen setzte es nur eine einzige Niederlage, was den souveränen Gruppensieg vor den Walisern bedeutete.
Weltmeister Deutschland startet schwach in die Qualifikation
Nach einer durchwachsenen Anfangsphase mit einer Niederlage gegen Polen und einem Unentschieden gegen Irland konnte sich der Weltmeister aus Deutschland bald wieder fangen und schloss seine Gruppe D auf dem ersten Rang ab, nur einen Punkt vor dem östlichen Nachbarn, jenseits der Oder.
Komplettiert wird der Kreis der Favoriten vom Gastgeber. Die Franzosen genießen nicht nur Heimrecht, sondern überzeugten ebenso in den Vorbereitungsspielen. In den vergangenen Monaten gelang es die Spitzen-Teams Deutschland, die Niederlande und Portugal zu bezwingen. Der Sieg gegen die deutsche Nationalmannschaft rückte dabei jedoch wegen der tragischen Ereignisse rund um die Terroranschläge in Paris vom 13. November 2015 traurig in den Hintergrund.
Nur knapp war in diesem Zuge eine Attacke auf das Stade de France in Saint Denis, wo das Freundschaftsspiel ausgetragen wurde, an den dort herrschenden Sicherheitsmaßnahmen gescheitert.
Einzig gegen den historischen Konkurrenten von jenseits des Kanals mussten die Franzosen eine Niederlage einstecken. Mit 0:2 zog man im Londoner Wembley Stadion gegen England den Kürzeren.
Die Gruppenauslosung: Top Favoriten Frankreich und Deutschland mit lösbaren Aufgaben
Glück hatten die Franzosen hingegen bei der Einteilung der Vorrundengruppen für diese Fußball-Europameisterschaft. Mit Rumänien, Albanien und der Schweiz stellen sich auf dem Weg ins Achtelfinale keine fußballerischen Großmächte in den Weg der Équipe tricolore. Am ehesten ist es noch den Eidgenossen zuzutrauen, den großen Nachbarn zu ärgern und anschließend auf direktem Wege in die K.O.-Phase des Turniers zu folgen. Ähnlich war es bei der Fußball-WM vor zwei Jahren in Brasilien gelaufen, wo die Franzosen die Schweiz mit 5:2 abfertigten, um von ihr dann ins Achtelfinale begleitet zu werden.
Eine lösbare Aufgabe wartet auf die Deutschen in der Vorrunde. Einzig das Wiedersehen mit den Polen, gegen die man in der Qualifikation die erste Niederlage in 19 Spielen hinnehmen musste, dürfte für größere Aufregung sorgen. Die Ukraine und EM-Novize Nordirland verbreiten eher wenig Angst und Schrecken.
Hammer Gruppe E mit Belgien, Italien, Schweden und Irland
Als echte Hammer-Gruppe erweist sich die Gruppe E in der die beiden Mit-Favoriten Belgien und Italien auf Schweden und Irland treffen. Auch den wacker kämpfenden Iren gelang in der Qualifikation ein Sieg gegen die DFB-Elf und mit ihrem Stürmer-Star und Antreiber Zlatan Ibrahimovic ist ebenso das Tre-Kronor-Team aus Schweden nicht zu unterschätzen. Um den Gruppensieg werden sich aber doch eher der viermalige Weltmeister Italien und Belgien duellieren. Wer hier das bessere Ende für sich hat dürfte zu einer der spannendsten Fragen der Gruppenphase der Europameisterschaft zählen.
Während die Belgier mit Sicherheit eine der spielstärksten Offensivreihen besitzen, ist die Abwehrstärke der Defensivkünstler von der Apennin-Halbinsel schon fast sprichwörtlich. Nachdem sie es zusätzlich noch dann und wann schaffen einen Treffer zu erzielen, dürfte sich hier ein aufregender Schlagabtausch entwickeln.
Österreich qualifiziert sich erstmals spielerisch für eine Europameisterschaft
Zum ersten Mal aus eigener Kraft für eine EM-Endrunde qualifizieren konnten sich diesmal die Österreicher. Noch vor den Russen und Schweden schlossen sie die Qualifikations-Gruppe G auf dem ersten Rang ab. Dass es nun in Frankreich erfolgreich weiter geht ist nicht unwahrscheinlich. Die Gegner in der Vorrunde heißen Portugal, Ungarn und Island. Während die Magyaren und die Nordländer durchaus in die Kategorie ‚schlagbar‘ gehören, ist die Equipe um Cristiano Ronaldo eher als unberechenbar einzustufen, damit jedoch für David Alaba, Zlatko Junuzovic und Co. sicherlich nicht außer Reichweite.
Kann auch diesmal wieder ein Außenseiter überraschen?
Für einen Außenseiter, der es schafft in die K.O.-Runde vorzustoßen, kann bei diesem Turnier viel möglich sein. Im Unterschied zu den Fußball-Weltmeisterschaften, bei denen üblicherweise wenn nicht die Top-Anwärter dann zumindest die Mit-Favoriten oder üblichen Verdächtigen gewinnen, sorgten die europäischen Titelkämpfe bereits einige Male für handfeste Überraschungen.
1992 durften die Dänen nur beim Turnier in Schweden mitmachen, weil die Jugoslawien wegen des Balkankrieges ausgeschlossen worden waren, und setzten sich schlussendlich sowohl gegen den Titelverteidiger aus den Niederlanden, als auch gegen Weltmeister Deutschland durch. Der verdiente Lohn für Danish Dynamite, das sogar ohne den absoluten Super-Star Michael Laudrup angetreten war, war anschließend der EM-Pokal.
Wer vor der Europameisterschaft in Portugal eine höhere Summe auf den Sieg von Griechenland gewettet hätte, der wäre zuerst als seltsam bis verrückt betrachtet worden und später ziemlich reich gewesen. Das Team des deutschen Trainers Otto ‚Rehakles‘ Rehhagel besiegte im Finale den favorisierten Gastgeber und sorgte damit für die wohl größte Überraschung der EM-Geschichte.
Wer auch immer am Schluss den Pokal in den Pariser Nachthimmel strecken darf, für eine aufregend Europameisterschaft ist mit Sicherheit gesorgt.